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   über F. Schlegels Lucinde und Wienbargs Aesthetische Feldzüge. Diesen
   gegenüber erschien ihm Heine wegen seiner Offenheit noch als weniger
   bedrohlich, Mundts Madonna dagegen als das bei weitem gefährlichste
   Buch, weil es mit dem Schein der Christlichkeit arbeite und als vereinbar
5  ausgebe, was nicht vereinbar sei. Im letzten Teil seiner fast fünfzig Spalten
   umfassenden Auslassungen machte sich der Rezensent dann darüber Gedanken,
   welche Gegenkräfte gegen die Wiederherstellerrotte, die dämonische
   Verführerbrut mobilisiert werden könnten. Echt biedermeierlich verwies er
   auf die Grundwerte von Sitte, Recht und Ehe; in katechetischer Hinsicht setzte
10  er sich dafür ein, die Eheunterweisung zu verbessern und der antichristlichen
   Literatur mit christlichen Novellen zu begegnen (Nr. 63, Sp. 498ff., Nr. 64,
   Sp. 506ff., Nr. 83, Sp. 658ff., Nr. 84, Sp. 666ff., Nr. 85, Sp. 674ff., Nr. 92,
   Sp. 730ff., Nr. 93, Sp. 738ff. und Nr. 94, Sp. 746ff.).
  __Der Verfasser war nicht, wie bisher meist angenommen, der Berliner
15  Theologieprofessor Ernst-Wilhelm Hengstenberg, der Herausgeber der EKZ,
   sondern einer seiner Mitarbeiter, der damals in Duisburg amtierende
   reformierte Pfarrer Johann Peter Lange (1802–1884). Nach Briefen aus dem
   Hengstenberg-Nachlaß gingen die Artikel auf einen Auftrag zurück, den der
   Herausgeber Anfang 1835 erteilt hatte. Lange, später Theologieprofessor in
20  Zürich und Bonn, trug zwischen 1834 und 1839 noch mit anderen Rezensionen
   zur Kirchenzeitung bei und vertrat den orthodoxen Standpunkt in selbständigen
   Schriften auch gegenüber Strauß' Leben Jesu und Feuerbachs Wesen des
   Christentums. Aus derselben Quelle ergibt sich, daß Hengstenberg auch die
   Artikel gegen Goethes Sensualismus von seinen Mitarbeitern schreiben ließ (vgl.
25  Anneliese Kriege, Geschichte der Evangelischen Kirchen-Zeitung unter der
   Redaktion Ernst-Wilhelm Hengstenbergs, Diss. Masch., Bonn 1958). Dies
   ändert nichts an seiner Zuständigkeit für die prinzipielle Linie des Blatts.
   Hengstenberg wandte sich auch in eigenen Beiträgen gegen das Treiben der
   Rehabilitatoren (Jg. 1835, Sp. 750ff. und Jg. 1836, Sp. 22ff.) und war insgesamt
30  einer der militantesten Vertreter der damaligen geistlichen Restauration.
   Vielleicht erklären sich aber aus der anderen Verfasserschaft gewisse Mäßigun-
   gen, die der Text vom Herbst 1835 erkennen läßt. Im dritten Teil, der nach
   Menzels Gutzkow-Attacke im Morgenblatt geschrieben und veröffentlicht
   wurde, sprach sich Lange ausdrücklich gegen die Anwendung von Gewalt gegen
35  die Jungdeutschen aus und teilte auch nicht Menzels Vorwurf der Bordell-
   Literatur, weil damit das Problem allzusehr zu einer bloßen Sittenfrage
   vereinfacht werde. Es wäre denkbar, daß Hengstenberg persönlich zu solchen
   Abmilderungen nicht bereit gewesen wäre. Doch hatte die Serie auch in der
   vorliegenden Form genug Schärfen; die Zeit, in der andere protestantische
40  Zeitschriften Heine für die Auseinandersetzung mit dem Mysticismus und
   Katholizismus positiv in Anspruch nahmen, war jedenfalls vorbei (vgl.
   Aufnahme von RS, Abschnitt 1). Der Autor selbst muß über den Berliner Angriff
   informiert gewesen sein, da er in der Französischen Bühne von 1837 beiläufig
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