DHA, Bd. 7/1, S.         
 
  Melodie, jene unendlich süße Himmelsmelodie, womit die Liebe zuerst sieg-
  reich in mein Herz einzog, steigt allmählig wieder hervor, übertönt jeden
  bösen Ton, und macht mich wieder ganz himmelgut und thränenweich -
  wie damals!
5 Es war ein echter Winterabend. Draußen Wind und Schneegestöber. Aber
  im trauten, heimlichen Gemache
   
  Und warum sprach ich, sind Sie mir gestern im Conzerte beständig ausgewi-
  chen und haben nie nach mir hingesehen? Und sie antworte<te>: ich liebe
10 Sie.
   
  g) <Tod und Liebe>
   
  [O süßes Grauen, wenn Tod und Liebe sich verstohlen küssen! Ja das ist es,
15 dies Gefühl ist es, was mich in Trient so wunderbar bewegte, ohne daß ich
  ihm einen Namen zu geben wußte; und indem ich meiner Erzählung vor-
  greife, gestehe ich, daß späterhin in allen lombardischen Städten, gleich
  beim Eintritt, dieses Gefühl in meine Seele stieg und darin vorherrschend
  blieb.]
20   
  A 8. <Ala><Zu 52,7 ff.>
   
  Ada.
25  
  Hier wechseln die Veturinos ihre Wagen. Schon ein ächt italienisches Nest.
  Die Lage ist pitoresk an einem Berghang, ein Fluß rauscht vorbey, heiter-
  grüne Weinreben umranken hie und da die übereinanderstolpernde, zusam-
  mengeflickte Bettlerpaläste. An der Ecke des Marktes, der so klein ist wie
30 ein Hünerhof, und wo doch mit gigantischen Buchstaben angeschrieben
  steht Piazza di Sant Marco, da sitzt ein dickes Obstweib und fächert sich.
  Die Trutschell trägt gepuderte Haare, in deren klebrig weißen Flechten eine
  arme Lilje geschlungen ist. Der braune Busen quilt und duftet hervor aus
  einem gleichfarbigen Hemde. Ihr Obst aber steht auf zierlich weißen Teller.
35 Da sind frische Feigen, die ersten die ich mein Lebtag gesehen habe. Da ich
  bald sie selbst, bald ihre Feigen ansehe, so weiß sie nicht welche Früchte sie
  mir anbieten soll und kokettirt verschämt mit dem grünen Fächer.
  Die Wagentauschung braucht Weile und ich will unterdessen im
  Wirthshause zu Mittag essen. Schon eine ächt italienis<ch>e Osteria. Freye
40 Estrade nach dem Hofe, wo zerschlagene Wagen pitoreske Misthaufen und
  zwey Buben die sich lausen. Man führt mich längst dem gebrochenen Eisen-
  geländer in ein hallendes Zimmer. Fußboden von Marmor, in der Mitte ein
  breites Bett, worauf die Flöhe Hochzeit halten, überall großartiger Schmutz.
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