DHA, Bd. 12/1, S.         
 
  L.  R o b e r t 
   
  heißt dieser Maler. Ist er ein Historienmaler oder ein Genremaler? höre
  ich die deutschen Zunftmeister Dfragen. Leider kann ich hier diese Frage
5 nicht umgehen, ich muß mich über jene unverständigen Ausdrücke etwas
  verständigen, um den größten Mißverständnissen ein für allemal
  vorzubeugen. Jene Unterscheidung von Historie und Genre ist so
  sinnverwirrend, daß man glauben sollte, sie sey eine Erfindung der
  Künstler, die am babylonischen Thurme gearbeitet haben. Indessen ist sie
10 von späterem Datum. In den ersten Perioden der Kunst gab es nur
  Historienmalerey, nemlich Darstellungen aus der heiligen Historie.
  Nachher hat man die Gemälde, deren Stoffe nicht bloß der Bibel, der
  Legende, sondern auch der profanen Zeitgeschichte und der heidnischen
  Götterfabel entnommen worden, ganz ausdrücklich mit dem Namen
15 Historienmalerey bezeichnet; und zwar im Gegensatze zu jenen Darstel-
  lungen aus dem gewöhnlichen Leben, die namentlich in den Niederlanden
  aufkamen, wo der protestantische Geist die katholischen und mytholo-
  gischen Stoffe ablehnte, wo für letztere vielleicht Dweder Modelle, noch
  Sinn jemals vorhanden waren, und wo doch so viele ausgebildete Maler
20 lebten, die Beschäftigung wünschten, und so viele Freunde der Malerey,
  die gerne Gemälde kauften. Die verschiedenen Manifestazionen des
  gewöhnlichen Lebens wurden alsdann verschiedene »Genres«.
  JSehr viele Maler haben den Humor des bürgerlichen Kleinlebens
  bedeutsam dargestellt, doch die technische Meisterschaft wurde leider die
25 Hauptsache. Alle diese Bilder gewinnen aber für uns ein historisches
  Interesse; denn wenn wir die hübschen Gemälde des Mieris, des
  Netscher, des Jan Steen, des Van Dow, des van der Werff u.s.w.
  betrachten, offenbart sich uns wunderbar der Geist ihrer Zeit, wir sehen
  so zu sagen dem sechzehnten Jahrhundert in die Fenster und erlauschen
30 damalige Beschäftigungen und Kostüme. In Hinsicht der letztern waren
  die niederländischen Maler ziemlich begünstigt, die Bauerntracht war
  nicht unmalerisch und die Kleidung des Bürgerstandes war bey den
  DMännern eine allerliebste Verbindung von niederländischer Behaglichkeit
  und spanischer Grandezza, bey den Frauen eine Mischung von bunten
35 Allerweltsgrillen und einheimischem Phlegma. Z.B. Myn heer mit dem
  burgundischen Sammtmantel und dem bunten Ritterbaret hatte eine
  irdene Pfeife im Munde; Mifrow trug schwere schillernde Schleppen-
  kleider von venezianischem Atlas, brüsseler Kanten, afrikanische Strauß-
  federn, russisches Pelzwerk, westöstliche Pantoffeln, und hielt im Arm
40 eine andalusische Mandoline oder ein braunzottiges Hondchen von
 DHA, Bd. 12/1, S.