DHA, Bd. 15, S.         
  DVorwort.
    
  Die nachfolgenden Blätter schrieb ich, um sie einer neuen Ausgabe meines
5 Buches de l'Allemagne einzuverleiben. Voraussetzend, daß ihr Inhalt auch
  die Aufmerksamkeit des heimischen Publikums in Anspruch nehmen
  dürfte, veröffentliche ich diese Geständnisse ebenfalls in deutscher
  Sprache, und zwar noch vor dem Erscheinen der französischen Version.
  Zu dieser Vorsicht zwingt mich die Fingerfertigkeit sogenannter
10 Uebersetzer, die, obgleich ich jüngst in deutschen Blättern die Original-
  Ausgabe eines Opus ankündigte, dennoch sich nicht entblödeten, aus
  einer Pariser Zeitschrift, den bereits in französischer Sprache erschienenen
  Anfang meines Werks aufzuschnappen und als besondere Broschüre
  Dverdeutscht herauszugeben, solchermaßen nicht bloß die literarische
15 Reputazion, sondern auch die Eigenthumsinteressen des Autors beein-
  trächtigend. Dergleichen Schnapphähne sind weit verächtlicher als der
  Straßenräuber, der sich muthig der Gefahr des Gehenktwerdens aussetzt,
  während jene, mit feigster Sicherheit die Lücken unsrer Preßgesetzgebung
  ausbeutend, ganz straflos den armen Schriftsteller um seinen eben so
20 mühsamen wie kümmerlichen Erwerb bestehlen können. Ich will den
  besondern Fall, von welchem ich rede, hier nicht weitläufig erörtern;
  überrascht, ich gestehe es, hat die Büberey mich nicht. Ich habe
  mancherley bittere Erfahrungen gemacht, und der alte Glaube oder
  Aberglaube an deutsche Ehrlichkeit ist bey mir sehr in die Krümpe
25 gegangen. Ich kann es nicht verhehlen, daß ich, zumal während meines
  Aufenthalts in Frankreich, sehr oft das Opfer jenes Aberglaubens ward.
  Sonderbar genug, unter den Gaunern, die ich leider zu meinem Schaden
  kennen Dlernte, befand sich nur ein einziger Franzose, und dieser Gauner
  war gebürtig aus einem jener deutschen Gauen, die einst dem deutschen
30 Reich entrissen, jetzt von unsern Patrioten zurückverlangt werden. Sollte
  ich, in der ethnographischen Weise des Leporello, eine illustrirte Liste von
  den respektiven Spitzbuben anfertigen, die mir die Tasche geleert, so
  würden freylich alle civilisirten Länder darin zahlreich genug repräsentirt
  werden, aber die Palme bliebe doch dem Vaterlande, welches das
35 Unglaublichste geleistet, und ich könnte davon ein Lied singen mit dem
  Refrain:
   
   »Aber in Deutschland tausend und drey!«
   
  Charakteristisch ist es, daß unsern deutschen Schelmen immer eine
40 gewisse Sentimentalität anklebt. Sie sind keine kalten Verstandesspitzbu-
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